Das Nikkor Z 35mm f1.8 S habe ich seit 6 Monaten im Einsatz. Höchste Zeit für einen ausführlichen Testbericht. Ich möchte dir meine Kaufmotivation schildern, zeigen wie sich das 35er im Alltag bewährt hat und über meine Begeisterung sprechen. Die Gefühle beim Betrachten der Fotos. Der Qualität. Eben das, wofür man sich ein solches Objektiv kauft.
Also lehn dich zurück und mach es dir gemütlich.
Abgrenzung
Worauf wir verzichten, sind die technischen Details. Die kannst du auf der Nikon-Webseite nachlesen. Stattdessen zeige ich dir echte Fotos, die mit dem Nikkor Z 35mm f1.8 S entstanden sind. Von Landschaftsaufnahmen bis hin zu Portraits, damit du dir einen umfassenden Eindruck machen kannst.
Falls du nicht den ganzen Beitrag lesen möchtest (1678 Wörter!), findest du hier die Sprungmarken zu den jeweiligen Kapiteln:
1. Motivation für das Nikkor Z 35mm f1.8 S
Zur Ausgangslage; denn die ist wichtig. In den letzten Jahren war mein Rucksack stets voll bepackt, mit Brennweiten aller Art – von denen am Ende vieles nicht zum Einsatz kam. Denn letztlich greift man doch wieder zum Smartphone. Weil es bequemer ist. Weil die Brennweite so universell ist. Egal ob Portraits oder Landschaftsaufnahmen. Man kann alles damit fotografieren. Und genau das können 35mm-Objektive auch. Sie passen auf die meisten Anwendungsfälle. Das perfekte Immerdrauf.
Nun ist es aber so, dass viele von uns bereits 35mm in ihrem Standardzoom integriert haben. In meinem Fall beim Nikkor 24-70mm f/2.8 und angrenzend auch beim Nikkor 14-30mm f/4. Dann stellt sich die Frage: Gibt man jetzt noch 727 € (Straßenpreis, Stand 01.12 .2023) für das Nikkor Z 35mm f1.8 S aus?
Eine schwere Entscheidung. Ich gebe zu; auch ich hatte Zweifel. Aus Kostengründen bin ich zunächst beim Nikkor Z 40mm f2 gelandet (siehe Testbericht). Mein Fazit damals:
»Ich glaube ich kauf mir doch lieber das Nikkor Z 35mm f/1.8, auch wenn es fast das Dreifache kostet. Anders als gedacht bin ich eben doch nicht bereit Kompromisse bei der Bildqualität einzugehen.«
Und darum sind wir hier 🙂
2. Die unglaubliche Schärfe vom Nikkor Z 35mm f1.8 S
Mein größter Kritikpunkt am Nikkor Z 40mm f2 war die fehlende Schärfe. Das 35er liefert dagegen messerscharf ab! Hier ein Beispiel aus dem Reptilienzoo Happ in Klagenfurt.
„Mit seiner überragenden Auflösung bildet dieses Objektiv jedes Detail Ihres Motivs naturgetreu ab. Profitieren Sie von mehr Detailschärfe und höherer Farbtreue.“, schreibt Nikon in seinen Marketingunterlagen. Und ja, es ist wirklich beeindruckend. Hier die 100%-Ansicht, damit du die Details besser beurteilen kannst:
Bei Blende 5.6 legt die Qualität noch eine Schippe drauf. In meinem Fall zwar zu Ungunsten der ISO, aber dafür gibt es ja die magische Entrauschen-Funktion in Adobe Lightroom.
Wohl gemerkt, wir sind bei ISO 4000! Auch hier wieder der Zoom auf 100%. Es ist wirklich grandios.
Übrigens: Falls du beim Fotografieren durch die Scheibe oft mit Reflexionen zu kämpfen hast, empfehle ich dir meinen Beitrag: Fotografieren durch die Scheibe: So vermeidest du Reflexionen
Doch auch im Freien lässt sich mit dem Nikkor Z 35mm f1.8 S tierisch gut arbeiten. Zum Beispiel in der Vogelvoliere, im Tierpark Petersberg.
Hier kann man jedes einzelne Haar im Gefieder zählen. War das ein korrekter Satz? Haben Vögel Haare? Egal. Bilder sagen mehr als tausend Federn:
Und so setzt sich die Qualität in allen Lebenslagen durch. Im Prinzip hat man ein Mini-Tele / Makroobjektiv stets dabei. Jeder beliebige Bildausschnitt lässt sich selektieren …
… um sich an den Details zu erfreuen, die das Nikkor Z 35mm f1.8 S ans Tageslicht zaubert.
3. Offenblende & Bokeh
Bereits bei Blende 1.8 hat man eine Schärfe, die sich sehen lassen kann. Absolut kein Vergleich zu den alten AF-Linsen von Nikon. Und auch um Welten besser als das Nikkor Z 40mm f2.
Die Naheinstellgrenze vom Nikkor Z 35mm f1.8 S beträgt übrigens nur 25cm. Zieht man die Länge vom Objektiv ab, kann man also alles scharf fotografieren, was sich ca. 15cm vor der Linse befindet. In diesem Fall ein Pangolin, aus dem 3D-Drucker. Danke Nicki 🙂
In der Praxis rückt man den Motiven aber selten so dicht auf die Pelle. Doch gerade der Look aus 35mm-Weitwinkel und Offenblende ist der, den ich am liebsten mag. Wie hier in Zingst, als mir eine Möwe direkt vor die Kamera geflogen ist.
Freistellen kann man natürlich auch mit Blende 2.8. Das steigert die Gesamtschärfe im Fokus, bei gleichzeitig butterweichem Hintergrund. Hier ein blumiges Beispiel vom Salzburger Freilichtmuseum.
Und falls es dir zu sommerlich anmutet; hier noch ein aktuelles Herbstfoto, ebenfalls mit Blende 2.8.
4. Fotografieren bei wenig Licht
Ein großer Vorteil vom 35er ist die offene Blende, bei gleichzeitig erstaunlicher Schärfe. Die Vorteile liegen auf der Hand: Man kann bei wenig Licht fotografieren, ohne die ISO in astronomische Höhen zu schieben.
Gerade in Innenräumen mangelt es bekanntlich immer an Helligkeit. Und mit mehr Lichtstärke kann man hinterher auch die Details besser lesen; z.B., dass auf dem Schild vom Traktor „bitte berühren“ stand 🙂
5. Sonnensterne mit dem Nikkor Z 35mm f1.8 S
Seit dem Kauf meines Nikkor AF-S 20 mm 1:1,8 G ED sind die Maßstäbe in Sachen Sonnensterne bei mir sehr hoch gelegt. Ich mag es einfach damit Akzente im Bild zu setzen. Leider klappt dass mit den wenigsten Nikon-Objektiven.
Der Sonnenstern beim Nikkor Z 35mm f1.8 S ist okay, aber nicht überragend. Fotografiert man frontal in die Sonne, wird es meistens nicht so gut.
Mit dem richtigen Winkel und ein paar Blättern, ist es mit maximal geschlossener Blende aber ein durchaus akzeptabler Sonnenstern.
Zuletzt ist es mir am Königsee sogar gelungen, einen Sonnenstern nach meinem Geschmack zu zaubern.
Bei kleinen Lichtquellen klappt es in Summe sogar besser, wie hier in den Klausbergen in Halle (Saale):
6. Landschaftsfotografie mit dem NIKKOR Z 35mm f/1.8 S
Für die reine Landschaftsfotografie gibt es natürlich „bessere“ Brennweiten. Dennoch eignet sich das Nikkor Z 35mm f1.8 S wunderbar, um eine Szenerie sehr natürlich einzufangen. 35mm entsprechen etwa dem (scharfen) Sichtfeld des menschlichen Auges.
Auch größere Weiten lassen sich ohne nennenswerte Verluste mit 35mm einfangen, wie hier auf der Kneifelspitze bei Berchtesgaden.
Und wenn man sich ein wenig Zeit nimmt und mit dem richtigen Bildwinkel experimentiert, gelingt auch die „echte“ Fotografie, abseits der Schnappschüsse. Wie hier in Maria Gern, an der malerischen Kirche, mit dem Watzmann im Hintergrund.
Gerade im Urlaub kann man sich mit dem 35mm sehr kreativ austoben. Etwa beim Wandern, wenn mal wieder eine dieser schönen Hütten wie aus dem Nichts auftaucht.
Das gelingt natürlich auch im Harz, z.B. hier am Luisentempel bei Alexisbad.
7. Sind 35mm genug Weitwinkel?
Die Frage habe ich oben bereits grob beantwortet. 35mm ist eine sehr universelle Brennweite. An die Grenzen stößt man nur selten, auch wenn man wie hier, an der Seebrücke Heringsdorf, schon ein wenig im Bildausschnitt begrenzt ist.
Was zur Not aber immer geht, ist ein Panorama zu schießen und die Einzelaufnahmen (in diesem Fall drei) hinterher zusammenzusetzen:
Doch auch das klappt leider nicht immer ganz so gut. Da müssen wir uns nichts vormachen. Die Hängebrücke im Klausbachtal z.B., in Kombination mit den hohen Bergen, habe ich frei Hand nicht wirklich gut hinbekommen.
8. Portraits mit dem Nikkor Z 35mm f/1.8
Für Reportage, vor allem mit Menschen, sind 35mm aber die perfekte Brennweite. Dafür habe ich es auch hauptsächlich gekauft. Den Fokus auf die Person. Trotzdem sieht man viel Weite im Hintergrund. Das mag ich sehr.
Viele meiner Lieblingsportraits sind mit dem Nikkor Z 35mm f/1.8 entstanden. Vor allem von meinen Kindern. Jedoch möchte ich meine Familie nicht öffentlich im Internet zeigen. Das macht die Einschätzung vom 35mm-Objektiv ein wenig subjektiv.
Doch hey! Gehen wir zum Abschluss des Beitrags einfach ins Landesmuseum in Halle (Saale). Hier kann man unsere Vorfahren portraitieren, wenn auch bei schlechtem Licht, was aber der Offenblende in die Karten spielt.
Fazit
Das NIKKOR Z 35mm f/1.8 S begeistert mich. Es hat einen festen Platz an meiner Nikon Z7 II eingenommen und wird dort noch viele Jahre verweilen. Die Qualität ist wirklich beeindruckend, auch wenn das Objektiv eines der ersten Z-Linsen war, die 2018 vorgestellt wurden. Dennoch ist es kein Stück veraltet.
Ein kleiner Nachteil ist die Baugröße. Wirklich kompakt ist das 35er nicht. Das fällt besonders im Vergleich zum 40mm auf:
Dafür ist die Qualität um Welten besser. Für mich ist das 35er damit die bessere Alternative, auch wenn es preislich in einer anderen Liga spielt.
Wenn du beim Kauf ein wenig Geld sparen möchtest, empfehle ich dir meinen Beitrag E-Infinity Camera Store: Geld sparen durch Grauimporte. Hier bekommst du das NIKKOR Z 35mm f/1.8 S aktuell für 550 €.
Habe ich dein Kaufinteresse geweckt? Oder hast du das 35er vielleicht sogar schon im Einsatz?
7 Kommentare
Moin Thomas,
schöner Test mit noch schöneren Bildern. Dieses Berchtesgaden muss ich mir wohl echt mal im Herbst angucken. Das Porträt am Königssee finde ich ganz wunderbar.
Lass mich einige ketzerische Fragen stellen. 🙂
Nimmst du das 35er mit auf Wandertouren? Weil flexibel isses ja nicht unbedingt und wenn es auf Gepäck ankommt… Und wie siehst du es im Vergleich zum 24-70 f4, also dem „Kit“? Größe müsste ja ungefähr ähnlich sein. Dass das ein Vergleich von Äpfeln und Birnen ist, ist mir natürlich absolut bewusst, aber rein von der Größe her kann man es ja schon gut vergleichen. Ich ziele mit der Frage vor allem darauf ab, ob das 35er bei begrenztem Platz in der Fototasche und nur selten benötigter Offenblende immer mitkommen würde.
Jedenfalls lege ich gerne noch ein paar Nashis zu den Äpfeln und Birnen und erfreue mich sowohl an den Abmessungen, als auch an der Bildqualität des herausragenden Fuji 23mm f1.4. 🙂
btw: Als willfähriges Konsumopfer bin ich natürlich am Black Friday schwach geworden, denn ich habe gemerkt, dass ich ganz unbedingt mehr Weitwinkel brauche. Ja, brauche! Was denn sonst? 🙂 Also ist bei mir neu das Fuji 8mm f3.5 eingezogen. Was es kann, weiß ich noch nicht, ich bin aber verdammt gespannt.
Beste Grüße aus dem regnerischen Teil Deutschlands
Ben
Hi Ben
chtesgaden,deine Frage ist vollkommen berechtigt. „Nehme ich das 35er mit auf Wandertouren?“ Ja! Zumindest im Moment, wo es eben noch neu für mich ist. Um die Begeisterung weiter zu entfachen, habe ich in der Tat im Urlaub (auch beim Wandern) immer nur das 35er dabei gehabt.
Den Vergleich zum 24-70mm f4 kann ich nicht ziehen, weil ich es direkt nach dem Kauf meiner Nikon Z7 II (im Kit) verkauft habe, ohne es je ausprobiert zu haben. Ich kann aber ganz klar sagen, dass ich gleichzeitig mein „altes“ AF-S 24-70mm f/2.8 nie dabei hatte, weil es einfach zu groß und schwer ist.
Aber nun muss ich ehrlich sein und mir schwirrt folgender Gedanke im Kopf herum (schon seit paar Wochen): Wäre nicht eigentlich das (neue) Nikkor Z 24-120mm f4 S das perfekte Objektiv für Urlaub / Wanderungen? Es hat faktisch den gleichen Formfaktor (Größe + Gewicht), einen super schönen Sonnenstern und deckt gleichzeitig einen unfassbar großen und praktischen Brennweitenbereich ab; 35mm inkl. Dazu noch 200 EUR Cashback von Nikon. Ich denke darüber nach, einfach mein Nikkor AF-S 24-70 mm f/2.8 zu verkaufen und vom Erlös auf das Z 24-120mm umzusteigen.
Und um die Antwort zu finden, hast du die passende Frage bereits formuliert, mit der „nur selten benötigten Offenblende“ vom 35mm f/1.8.
Darum schauen wir doch einfach mal ungefiltert in die Praxis. Wie viele Fotos habe ich in den letzten 6 Monaten tatsächlich mit Offenblende am 35er gemacht. Hier der Blick in meinen Lightroom-Katalog:
Von 2395 Fotos sind 757 unterhalb von f/4 entstanden. Das sind rund 30% aller Fotos, die ich mit einem Objektiv mit einer Einstiegsblende von f/4 so nicht hätte machen können. Gut, nun müsste man noch abschätzen, wie viele dieser Fotos am Ende zu wirklich Lieblingsfotos geworden sind. Da kann ich aus dem Bauch heraus keine Studie abgeben. Vermutlich, so die These, wäre mit f/4 die Welt auch in Ordnung gewesen. Das bestätigt auch die hohe Anzahl von 600 Bildern, die genau mit dieser Blende entstanden sind. Und sind wir ehrlich: Für die Landschafts- und Reisefotografie ist man sowieso kaum mit Offenblenden unterwegs.
Fazit also:
– Besser man hat, als man hätte 🙂
– Ich liebe das 35mm, es gibt mir ein gutes Gefühl mit Wow-Effekt beim Betrachten der Fotos. Das zählt für mich; und dafür habe ich gezahlt.
Ich danke dir für deinen Kommentar und hoffe die Fragen sind beantwortet.
Gruß
Thomas
Moin Thomas,
zu meiner vollsten Zufriedenheit, vielen Dank. ^^
Das 24-120 hat eine charmante Brennweitenrange und sogar für Nikon-Verhältnisse halbwegs erschwinglich. Ich habe die Range bei Fuji mit dem 16-80 und bereue zu keiner Sekunde, dieses Objektiv statt des kleineren 18-55 gewählt zu haben. Eben aufgrund der Flexibilität und weil ich nicht direkt jedes Mal das Tele mitschleppen muss.
Ich bin jedoch weiterhin Fan des (alten) Tamron 35-150, das ich damals bei der Nikon Z zusammen mit dem Nikkor 14-30 hatte. In nur zwei Objektiven quasi alles dabei zu haben, war schon sehr charmant. Das Tamron gibt’s ja jetzt endlich auch für Z, wenn auch zu einem wahrhaft stolzen Preis.
Grüße
Ben
Olympus 35 f2.8, PENTAX 35 f3.5, Pentax 35 -70. Minolta 35 f2.8 Canon 35- 105
Leica R 35MM I had great fun testing those and other heritage lenses on my full frame SONY ALPHA CAMERA.
Will damit nur sagen das gute Ergebnisse möglich sind.
Habe versucht die besten BOUKEH Erfolge zu erreichen.
Sonnen Sterne wären ebenfalls anstrebens -wert
Hi Ron,
da hast du aber einen beachtlichen 35er-Fuhrpark am Start 🙂
Wer die Wahl hat, hat die Qual?
Im Urlaub bin ich fast ausschließlich mit 35mm unterwegs. Etwas anderes hat meine Fuji X100F nämlich nicht. 😛 Für die meisten Zwecke finde ich 35mm dann ideal. Gerade wenn es darum geht, den Urlaub zu dokumentieren.
Dir einen guten Start in die Weihnachtszeit (ja ja, 1. Advent ist erst morgen). „Last Christmas, I gave you my heart…“ Viel Spaß mit dem Ohrwurm. 😀
… »but the very next day you gave it away
Thiiiiiiiiiiis year, to save me from tears
I’ll give it to someone special«
Herzlichen Dank, du hast es geschafft! Den Ohrwurm trage ich heute den ganzen Tag mit mir rum^^
Er wiegt schwerer als das 35er :-p