Den Sonnenaufgang fotografieren; dass bedeutet früh aufstehen und ein wenig Planung. Das zeitige Aufstehen kann man aber umgehen, indem man das Schlafen einfach weglässt 😉
Eine gute Vorbereitung fürs Fotografieren ist aber unerlässlich.
Welche Ausrüstung nehme ich mit? Wann und vor allem wo geht die Sonne auf? Wie positioniere ich die Kamera? Welche Kameraeinstellungen soll ich verwenden?
In diesem Beitrag erkläre ich, wie ich diesen herrlichen Sonnenaufgang am Torfhaus im Harz fotografiert und bearbeitet habe.
Die Vorbereitung
Vorbereitung kommt von „vorher“. Entsprechend habe ich mir bereits im Vorfeld Gedanken über das Fotografieren des Sonnenaufgangs am Torfhaus gemacht.
Schritt 1: Wann geht die Sonne auf?
Den Sonnenaufgang fotografieren. Hmm, es ist schon 1 Uhr. Lohnt es sich überhaupt ins Bett zu gehen? Zur Bestimmung der Sonnenaufgangszeit hilft mir die App PhotoPills, für iOS. Es ist Juni; die Sonnenwende steht bevor. Die Nächte sind kurz. Die Realität ist bitter, aber es nützt nichts: Thomas, du musst willst 4 Uhr vor Ort sein.
Schritt 2: Wo geht die Sonne überhaupt auf?
Die Schlaumeier werden jetzt sagen: na im Osten!
Wissen wir. Aber wo genau ist Osten? Hat jemand einen Kompass dabei? Nein? Macht nichts, es reicht auch der digitale Kompass, der heutzutage in fast jedem Smartphone verbaut ist.
Ich verwende wieder die PhotoPills-App. Mit Hilfe einer augmentierten Kameraansicht lässt sich genau anzeigen, wo die Sonne zu welcher Uhrzeit steht. Das funktioniert übrigens auch für den Mond und die Milchstraße.
Eine weitere gute Planungshilfe ist der kostenfreie Webdienst SunCalc. Ein Zeitstrahl auf einer Karte zeigt hier an, wann die Sonne in welcher Postion steht. Die Sonnenauf- und -untergangszeiten sind ebenfalls enthalten. Perfekt.
Sonnenaufgang fotografieren
Also auf gehts; den Sonnenaufgang fotografieren. Zunächst aber ein paar Worte zur benötigten Ausrüstung.
Die Ausrüstung
Stativ
Beim Sonnenaufgang ist die Verwendung eines Stativs wichtig. Die Belichtungszeiten sind (meist) zu lang, um verwacklungsfreie Bilder aus der Hand zu schießen. Außerdem entschleunigt die Verwendung eines Stativs den Prozess des Fotografierens. Man macht sich mehr Gedanken über die Bildkomposition und kann in aller Ruhe die Kamera am Horizont ausrichten.
Objektiv
Beschränkungen hinsichtlich der Objektivwahl gibt es keine. Als Brennweite empfiehlt sich bei Landschaftsaufnahmen ein Weitwinkelobjektiv. Ich habe das Walimex Pro 14 mm 1:2,8 verwendet, um möglichst viel der Landschaft einzufangen. Alternativ kann man auch mit längeren Brennweiten arbeiten und ein Panorama erstellen. Dafür bin ich aber zu faul.
Fernauslöser
Nützlich ist auch ein Fernauslöser für die Kamera. Ob mit Kabel oder via Funk spielt dabei keine Rolle. Ich vergesse die Teile regelmäßig zuhause. Seit einigen Jahren verwende ich fast ausschließlich den Selbstauslöser der Kamera. Diesen stelle ich auf zwei Sekunden Vorlaufzeit, drücke ab und das Foto ist im Kasten. Klappt prima.
Die Kameraeinstellungen
Die sind ziemlich einfach. Es geht in den manuellen Modus der Kamera.
ISO
Ich stelle an der Kamera den minimalsten ISO-Wert ein. Im Fall meiner Nikon D800 ist dies ISO 100. So erhalte ich Bilder in maximaler Qualität und ohne Bildrauschen.
Blende
Wir wollen möglichst viele Details im Bild scharfstellen. Dafür eignet sich Blende 8 pauschal ganz gut. Je weiter die Blende geschlossen ist, desto höher ist die Schärfentiefe und wir bekommen einen schönen Sonnenstern. Dies ist natürlich abhängig vom Objektiv.
Verschlusszeit
Ausprobieren. Sie ändert sich beim Sonnenaufgang im Minutentakt. Wer eine Kamera mit Liveview hat (oder gar eine spiegellose Kamera), der sieht bereits im Sucher das fertige Bild. Alle anderen (wie ich) machen einfach eine Testaufnahme und passen die Verschlusszeit manuell an. Auch kein Drama.
Der perfekte Kamerastandort
Auf die Suche nach dem „perfekten“ Kamerastandort habe ich mich bereits am Vorabend gemacht. Wichtig war mir, etwas spannendes im Vordergrund zu haben. Es sollte der Beginn eines Wanderweges sein – dem Harzer-Hexen-Stieg. Denn das Wandern und der Harz gehören zusammen.
Info: Das Nationalpark-Besucherzentrum am Torfhaus hat einen großer Parkplatz, von 18-6 Uhr sogar kostenlos. Von hier aus bietet sich auch eine Wanderung zum Brocken an. Meine Wanderung vom Torfhaus zum Brocken könnt ihr hier nachlesen.
Pünktlich um 4 Uhr machte ich mich auf den Weg. Die blaue Stunde begann. Ich baute mein Stativ auf und genoss die Ruhe. Mit Beginn der goldenen Stunde tauchte die Sonne am Horizont auf. Sie war feuerrot und herrlich anzusehen.
Mein ursprünglicher Plan war den Sonnenaufgang mit dem Blick zum Brocken festzuhalten. Das Brockenplateau ist rechts im Bild zu sehen.
Aus Sicht der Bildkomposition hat mich diese Aufnahme aber nicht überzeugt. Irgendwie war zu viel los im Bild. Als Betrachter weiß man gar nicht wo man zuerst hingucken soll. Den Wanderweg? Die Sonne? Oder rechts den Brocken, den man kaum erkennt?
Schönes Bild, aber dennoch etwas unbefriedigend. Ich änderte also den Standpunkt der Kamera und positionierte mich mitten auf dem Wanderweg. Hier machte ich erneut eine Aufnahme. Das war für mich das finale Bild.
Die Linien im Bild wirken auf mich sehr dynamisch. Der Blick des Betrachters wird geführt. Leider war die Sonne zu diesem Zeitpunkt schon wieder hinter dicken Wolken verschwunden. Ich wollte aber mit Photoshop auch keine Manipulation der natürlichen Gegebenheit erzwingen. Also habe ich komplett darauf verzichtet und lediglich die RAW-Datei entwickelt.
Die Bildbearbeitung
Das Ausgangsbild
Natürlich kommt das Bild nicht so aus der Kamera. Sondern so:
Das Bild habe ich absichtlich kontrastneutral fotografiert, um flexibel in der Nachbearbeitung zu sein. Ein Blick auf das Histogramm zeigt, dass die Aufnahme über den gesamten Tonwertbereich ausgeglichen ist. Links im Histogramm befinden sich die dunklen Bildbereiche und rechts die Lichter, also der Himmel.
Beim Sonnenuntergang fotografieren wollte ich sicherstellen, dass weder die Tiefen im Bild ins Schwarz fallen, noch der Himmel ausgebrannt ist. Im Zweifel ist es einfacher die Schatten aufzustellen, als einen ausgebrannten, strukturlosen, weißen Himmel durch die Bildbearbeitung zu retten.
Dazu bitte unbedingt im RAW-Format fotografieren. Hier hat man viel mehr Möglichkeiten und vor allem Reserven in der Bildbearbeitung. Ich bin immer wieder begeistert wie viele Bildinformationen in einer 14-Bit RAW-Dateien schlummern.
Die Bildentwicklung
Doch schauen wir uns an, wie ich das Bild bearbeitet habe. Es war allerdings keine klassische Bildbearbeitung mit Adobe Photoshop. Es wurde lediglich die Entwicklung der RAW-Datei mit Adobe Lightroom, bzw. dessen integrierten RAW-Konverter durchgeführt.
Dazu muss man nur ein paar Regler verschieben, kein Hexenwerk – auch nicht beim Harzer-Hexen-Stieg.
Zunächst habe ich die Lichter ein wenig abgedunkelt und die Schatten stark aufgehellt. Der Weiß- und Schwarzanteil im Bild wurde erhöht, um den Kontrast zu steigern. Dazu noch ein wenig Klarheit und Dynamik und fertig ist die Bildentwicklung.
Um dem Bild noch einen Look zu verpassen, habe ich eine Vignette erstellt. Somit wird der Blick des Betrachters mehr ins Zentrum des Bildes geführt. Darüber hinaus habe ich die Profilkorrektur des Objektivs aktiviert, um die Verzerrung des Ultraweitwinkelobjektivs zu korrigieren. Ja, ich weiß: das spielt bei Landschaftsaufnahmen keine wirklich Rolle. Aber ich mag es wenn Linien gerade sind, vor allem weil das Holzgeländer so markant im Vordergrund ist.
Hier zum Abschluss nochmal der Vorher-Nachher-Vergleich.
Bereits fünf Minuten später, um 04:54 Uhr wurde der Himmel richtig rot. Die Sonne war komplett hinter den Wolken verschwunden.
Exakt 5 Uhr war das Schauspiel dann vorbei und der Tag hat begonnen. Sonnenaufgang fotografieren hat man also nur wenige Minuten Zeit, die es zu nutzen gilt.
Ich hoffe euch hat dieser kleine Bericht gefallen. Seid ihr jetzt motiviert zum Sonnenaufgang fotografieren?
Vielleicht sogar am Torfhaus im Harz? Es lohnt sich.
7 Kommentare
Hi Thomas,
deine Fotos gefallen mir sehr! Bald bin ich auch in der Gegend und möchte „photopillen“. Ich würde mich freuen, wenn du mir die Koordinaten der Aufnahmestandorte schickst.
Grüße
Dennis
Hallo Dennis,
freut mich, dass Dir meine Bilder gefallen. Die Fotos sind hinter der Bavaria-Alm (Restaurant), in unmittelbarer Nähe vom Torfhaus-Besucherzentrum aufgenommen. Den Weg vom Besucherparkplatz zum Zielfoto habe ich Dir hier (Google Maps) verlinkt.
Viele Spaß beim Fotografieren, auf die Ergebnisse bin ich gespannt.
Gruß
Thomas
Hallo Thomas,
ich möchte Dir zu Deinem Blog gratulieren, gefällt mir ausgezeichnet! Als waschechter Ösi komme ich leider viel zu selten in den Harz. Ein schwerer Fehler wie man sieht 😉
Schöne fotografische Grüße
Herwig
Danke Herwig, da freue ich mich 🙂
Und jetzt wo du weißt wie schön der Harz ist: worauf wartest Du? Rein in den Nationalpark!
Hallo,
Super geschrieben, gefällt mir sehr gut. Besonders gefällt mir auch die Bearbeitung, also der Vergleich zum Originalen.
Gruss Chris
Danke für dein Feedback, Chris 🙂
Gerne 🙂