Wie viel Skandinavien steckt im Harz? Genau das wollte ich herausfinden. Und habe es! Auf einer 13-stündigen Tour, quer durch den Harz. Vorbei an Stabkirchen, roten Holzhütten und bezaubernden Landschaften. Heute präsentiere ich dir die 10 schönsten Winter-Fotospots im Harz. Bist du bereit? Let’s go read!
Alles beginnt mit einem leichten vibrieren am linken Handgelenk. Meine Smartwatch weckt mich sanft aus dem REM-Schlaf. Es ist Sonntag, 04:45 Uhr. Jede Minute zählt. Vor mir liegen 175 km Anreise in den Harz. Die Blaue Stunde wartet.
Der Harz: Die schönsten Fotospots im Winter
#1 Die Stabkirche in Hahnenklee
Schon fünf Jahre steht sie auf meiner Fotoliste. Erbaut ganz aus Holz, nach dem Vorbild norwegischer Stabkirchen. Impulsant und sehr bekannt. Das reimt sich nicht nur, das ist auch so! Ein Geheimtipp ist sie nicht; die Gustav-Adolf-Stabkirche im Goslarer Stadtteil Hahnenklee-Bockswiese. Trotzdem bin ich heute ganz allein hier. Keine Menschenseele weit und breit. Keine nervigen Fotografen.
Ein wenig enttäuscht bin ich trotzdem.
Ausgerechnet heute ist die Kirche nicht beleuchtet. Am Abend war sie es! Wie frech. Das Pech (reimt sich das schon wieder?) ist auf meiner Seite.
Wird also nichts mit dem Zielfoto: Die Stabkirche zur Blauen Stunde, angestrahlt in warm-gelber Beleuchtung. Und schon bin ich planlos und reagiere Instagram-Like. Plötzlich mache ich das, was alle machen. Ich schnappe mir ein paar Tannenzweige und halte sie vors Objektiv. Nur um den Eindruck zu erwecken, ich hätte die Kirche »zufällig« aus dem Dickicht des Waldes entdeckt. Was natürlich völliger Unfug ist.
Ich schäme mich. Rasch schaue ich mich um, ob mich niemand gesehen hat. Dann werfe ich die Zweige dezent ins Gebüsch und tappse näher an die Kirche heran. Der Tag ist längst angebrochen, aber sie lässt mich einfach nicht los; diese Kirche! Die vielen kleinen Details. Ich fühle mich wie in Norwegen.
Doch die Begeisterung kippt schnell. Am Auto angekommen stelle ich fest, dass die Batterie vom Schlüssel leer ist.
Bestes Karma wieder. Nach kurzem Fluchen und fünf Minuten Aufenthalt des Schlüssels in meiner warmen Hosentasche, ist dann aber ein letzter Funke Energie übergesprungen. Tür auf. Weiter geht die Reise […]
Location-Scouting für Zwischendurch
Die Tour ist natürlich nicht ganz uneigennützig. Eigentlich arbeite ich an einem Buchprojekt über die schönsten Fotospots im Harz. Nicht alle sind mit skandinavischen Gefühlen verbunden. Und nicht alle passen in diese Winterlandschaft. Dennoch wollte ich sie abklappern. Um genau zu wissen was mich vor Ort erwartet:
Welche Brennweite benötige ich? Wo geht die Sonne auf? Wie hoch muss mein Stativ sein, damit ich über den Zaun am renaturiertem Steinbruch fotografieren kann.
Ein spannendes Projekt. Aber machen wir lieber weiter im Text […]
#2 Der Herzberger Teich
Wasser, Eis und Schnee. Dieser Mix gefällt mir sehr. Im Westharz findet man besonders viel davon. Am Herzberger Teich erregt ein Steg mein Interesse. Die fehlende Farbigkeit versuche ich mit meiner gelben Jacke auszugleichen.
In Künstlichkeit kaum zu übertreffen, aber »echt« ist dieser Teich schließlich auch nicht. Dafür älter als gedacht. Vor mehr als 400 Jahren angelegt, diente er der Wasserkraftnutzung im Bergbau. Mitte der 1920er Jahre wurde er zum Waldbad umfunktioniert. 1936 haben hier sogar die Schwimmerinnen der Olympia-Mannschaft trainiert. Leistungsschwimmer war ich übrigens auch. Ins kalte Wasser möchte ich trotzdem nicht springen.
Deshalb fahre ich weiter, zum nahegelegenen Steg am Carler Teich, der ebenfalls auf meiner Fotoliste steht. Er ist aber weniger sehenswert als gedacht. Also überspringe ich ihn, ohne dabei im Teich zu landen, versteht sich.
Kleine Randnotiz: Das Gürteltier ist natürlich auch dabei 🙂
#3 Die Marktkirche zum Heiligen Geist
Um dem skandinavischen Titel des Blogbeitrags gerecht zu werden, geht es weiter zur Marktkirche in Clausthal-Zellerfeld. Zwar im Barock-Stil, dafür aber die größte Holzkirche Deutschlands. Und sie ist blau. So richtig himmlisch blau! Vor ihr stand ich mehrfach, immer mit dem Gedanken im Kopf: »hach ja, jetzt noch Schnee und blauer Himmel.«
Heute ist es soweit. Das Wetter passt. Der Ort sowieso. Doch erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Die Kirche ist rechts von einem hässlichen Bauzaun umzingelt, kombiniert mit zwei wenig repräsentativen Dixi-Klos. »Scheiße«. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Und auch das riesige Schild an der linken Flanke, was auf die Innensanierung samt Orgelneubau verweist, trägt wenig dazu bei das Foto noch zu retten. Deshalb hier nur ein Schnappschuss.
#4 Die rote Hütte am Ziegenberger Teich
Die Reise geht weiter, in den beliebten Luftkurort Buntenbock, ein Ortsteil von Clausthal-Zellerfeld. Doch auf Buntenbock haben auch andere Bock. Nur Parkplätze gibt es nicht.
Es ist Sonntagmittag. Kaiserwetter. Hunderte Tagesausflügler aus Niedersachsen drängen sich mit ihren dicken Schlitten durch die Gegend. Schlechtes Timing für ambitionierte Fotografen zur Primetime. Keine Chance das Auto abzustellen. Also parke ich zwei Kilometer außerhalb, mitten an der B241.
Nach 30 Minuten Fußweg komme ich am Ziegenberger Teich an. Denn dort steht sie! Diese wunderbare rote Holzhütte. Wie in Schweden. Nur den Teich sieht man nicht. Deshalb muss eine Ladung Schnee als Vordergrund herhalten.
Zurück am Auto angekommen, entschließe ich mich noch zum Prinzenteich zu wandern. Dort steht eine ähnlich rote Hütte. Dachte ich. Auf Pinterest habe ich sie entdeckt, doch in echt ist sie so rot wie ein Stück Milka-Schokolade. Vergessen wir sie. Die Hütte. Die Schokolade esse ich gerade auf, um genug Kraft für die übrigen Zeilen zu finden. Kannst du noch?
#5 Der Borkenkäfer ruiniert die Fotospots
Ich weiß, er ist Teil des biologischen Gleichgewichts. Und ja, Monokulturen sind zum Scheitern verurteilt. Doch es ist erschreckend wie viele Fichten der Harz in den letzten zwei Jahren verloren hat. In Osterode wird es mir besonders bewusst. Hier ist ein Fotospot, den ich seit drei Jahren auf meiner Liste habe. Eine Luftaufnahme der engen Kehre an der B498, kurz vorm Sösestausee. Leider bin ich zu spät. Es ist ein Jammer. Hier stehen keine Bäume mehr, der Fotospot hat seinen Reiz verloren 🙁
#6 Die Okertalsperre
Frustriert fahre ich in den Norden zurück. Hier ist die Fotografenwelt noch in Ordnung. Zumindest fast. Als ich am Waldrand anhalte, um kurz aufs Smartphone zu schauen, passiert es. Die Räder drehen durch. Ich auch. Ich habe mitten auf einer Eisfläche geparkt. Es geht keinen Zentimeter weiter. Chancenlos.
»Falsches Auto?«, ruft es aus dem Wald. Drei Wanderer nähern sich und zeigen Erbarmen. Sie schieben mein Auto aus dem Eis.
Weiter geht es nach Schulenberg im Oberharz. Vom Wohnmobilstellplatz hat man einen wunderbaren Blick auf die Okertalsperre. Ein echtes Postkartenmotiv.
Ein wenig erinnert es mich an die Fredvang-Brücken von meiner Lofoten-Reise. Nur die roten Holzhütten fehlen. Doch weit entfernt sind sie nicht.
#7 Die rote Hütte in Königskrug
Fährt man weiter zum Torfhaus und biegt Richtung Braunlage ab, fährt man an Königskrug vorbei. Direkt vom Parkplatz sieht man eine rote Holzhütte, die besonders oft im Schnee auf Instagram zu sehen ist.
Früher stand sie einsam auf dem Feld. Mittlerweile ist sie recht dicht von anderen Hütten besiedelt. Was sich aber kaschieren lässt, wenn man mit einer längeren Brennweite durchs Geäst fotografiert. Letztlich aber sprichwörtlich ein Fotospot auf dem absteigenden Ast.
#8 Die Holzkirche in Elend
Die größte Holzkirche Deutschlands hatten wir heute schon erkundet. Jetzt führt der Weg ins nahegelegene Örtchen Elend. Hier steht die kleinste! Holzkirche Deutschlands. Eines meiner Lieblingsmotive. Heute mit Schnee, mit spätweihnachtlichen Gefühlen.
#9 Die Petruskapelle in Alexisbad
Ein Stück weihnachtlichen Zauber versprüht auch die Petruskapelle bei Alexisbad, an der ich auf dem Heimweg anhalte. Links im Bild, kaum zu erkennen, steht ein beleuchteter »Weihnachtsbaum« und ein Schwibbogen im Fenster.
Konzentriert man sich aufs Foto, muss ich leider eingestehen, dass es besser gewesen wäre, das Stativ noch ein paar Zentimeter weiter nach links zu platzieren. So wäre es die perfekte Symmetrie zur Eingangstür geworden. Hinterher ist man immer schlauer […]
#10 Die Stabkirche bei Stiege
Doch bleiben wir ein letztes Mal im Zauber Norwegens. Den Blogbeitrag habe ich mit einer Stabkirche begonnen und so soll der Beitrag auch enden. Die Stabkirche in Stiege ist ein gutes Schlusswort.
Noch steht sie verlassen in einem kleinen Wäldchen: Doch schon bald zieht sie um. Für 1 Million Euro wird die Kirche in den 5 km entfernten Ort Stiege versetzt, um sie vor Vandalismus und dem Verfall zu bewahren.
Glaube kann also nicht nur Berge versetzen, auch komplette Kirchen 🙂
Und so schließt sich der Kreis. 13 Stunden im Harz, verpackt in einem 10-minütigen Blogbeitrag, der dir hoffentlich gefallen hat. Der Harz lohnt sich!
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