Bricht dir beim Aussprechen von »Gjógv« die Zunge ab? Macht nichts: Du kannst auch leise mitlesen. Das hier ist der zweite Teil über unsere Fotoreise auf den Färöer Inseln. Heute stelle ich dir Gjógv vor, ein bezauberndes kleines Dorf, ganz im Norden. Ein »idealer« Ausgangsort für Landschaftsfotografen, Wanderer oder was immer du gern sein möchtest. Frei zum Beispiel.
Vielleicht sollten wir erstmal klären, wo WIR überhaupt sind. Keine Angst. Das ist kein Geografie-Kurs. Wir sind gleich durch damit.
Wo liegen die Färöer Inseln überhaupt?
Die Färöer bestehen aus 18 vulkanischen Felseninseln, die sich im Atlantischen Ozean tummeln. Du weißt natürlich wo sie liegen. Aber glaub mir, es gibt Leser, die gerade grübeln.
Also: Würde man ein Dreieck zwischen Island, Norwegen und Großbritannien zeichnen, wären die Färöer Inseln etwa mittig davon. Und nein, das Bermudadreieck liegt ganz woanders. In sicherer Entfernung, 6.218 km, um genau zu sein. Und ja; ich habe es nachgemessen.
Wo liegt Gjógv?
Ganz im Norden! Zuhause dachte ich noch: Verdammt, das liegt aber abgelegen. Vom Flughafen in Vagar fährt man rund 01:15h bis Gjógv. Eine Sackgasse. Das Ende der Welt. Weit und breit nichts los. Alle Supermärkte, Restaurants oder Tankstellen sind mindestens 30 Minuten entfernt. Da verbringen wir mehr Zeit im Auto, als beim Fotografieren.
Aber die Abgelegenheit macht den Reiz aus. Besonders schön sind die letzten 15km ab Funningsfjørður, entlang der Nordwestküste der Insel Eysturoys.
Auf der Strecke liegt Funningur, dessen Name vom Altnordischen »funding« abstammt, was Entdeckung bedeutet. Und zu entdecken gibt es einiges. Zum Beispiel die typisch färöische Holzkirche aus dem Jahr 1847. Daneben fließt ein kleiner Bach direkt in den Nordatlantik, das Gras weht im Wind und als wäre sie bestellt, tippelt eine Entenschar durchs Bild.
Der gewiefte Fotograf wird jetzt bemerken, dass das Foto eigentlich aus zwei Bildern besteht. Eine Aufnahme mit ND-Filter bei 20 Sekunden und eine zweite, mit 1/80 Sekunden – sonst wären die Enten unscharf gewesen. Sie sind links im Bild, für alle Smartphone-Leser, die sich gerade die Augen reiben.
Von Funningur sind es nur noch 15 Minuten bis Gjógv. Es ist die totale Entschleunigung. Eine himmlische Ruhe. Keine Menschen in Sicht. Hier ist die Welt noch in Ordnung. Eine friedliche Umgebung, in der man ungestört fotografieren kann.
Übernachten in Gjógv
Für deutsche Verhältnisse kaum vorstellbar: Gjógv hat nur 39 Einwohner! Gefühlt hat sogar unser Mehrfamilienhaus mehr Bewohner. Ähnlich dünn sieht es mit den Übernachtungsmöglichkeiten aus.
Gjaargardur Guesthouse
Wir haben eine Woche im Gjaargardur Guesthouse gewohnt – und es nicht bereut! Unser Zimmer ist im Erdgeschoss eines Nebengebäudes, mit einem herrlichen Blick auf die Nachbarinsel Kalsoy (dazu kommt ein separater Blogbeitrag).
Die Zimmer selbst sind klein, aber gemütlich. Dazu sehr modern, sogar mit Fußbodenheizung und kostenfreiem WLAN; zu einem (für nordische Verhältnisse) fairen Preis von ca. 130 EUR pro Nacht, inkl. Frühstück!
Und genau da gehen wir jetzt hin: Zum Frühstücksraum, im Hauptgebäude. Es sind nur 200m Fußweg, aber das Wetter ist so rau und stürmisch, dass wir uns dick anziehen müssen. Zwei Jacken, Handschuhe und Schal (und Pino in langen Unterhosen).
Am Gästehaus angekommen, sehen wir einen Typ am Eingang stehen, der uns stark an einen Wikinger erinnert. Ich hatte ihn im ersten Teil erwähnt, falls du dich daran erinnerst. Während wir also dick eingepackt die mollige Wärme des Gästehauses herbeisehnen, steht er in kurzen Hosen davor und raucht genüsslich eine Kippe. Das Wetter lässt ihn vollkommen kalt, ohne zu frieren. Und wo wir gerade so schön vom Thema abschweifen:
Der Tag beginnt immer mit #morgengymdr3
Als wir am ersten Morgen den Fernseher eingeschaltet haben, lief dort zufällig Morgengymnastik auf DR3. Würden wir sonst nie gucken. Aber die dänische Sprache, die Übungen, es hat uns einfach verzaubert. Schaut euch Pino an, sein Lächeln sagt mehr als 1.000 Worte. (Ich hab übrigens erst 636 Wörter geschrieben)
Aber gut. Ich möchte nicht schon wieder abschweifen. Sonst würde ich jetzt noch erzählen, wie ich die heldenhafte Aufgabe hatte, zwei große Spinnen im Bad zu entfernen, die Pino panisch entdeckt hatte.
Kommen wir lieber zur Fotografie […]
Fotospots in Gjógv
1. Der Fjord
Gjógv liegt an einem kleinen Fjord, genauer gesagt an einer Felsspalte, in der sich ein kleiner natürlicher Hafen befindet. Sie hat dem Ort seinen Namen verliehen. Gjógv ist das färöische Wort für Felsspalte. Und ich bin vollkommen verzaubert von diesem magischen Ort.
Für mich das schönste Foto der Reise. Es hängt bei mir zuhause im Flur, damit ich mich immer daran erinnern kann.
2. Die Häuser
Ein Fotomotiv, was immer funktioniert, sind einsame kleine Häuschen. Viele von ihnen sind mit Moos bedeckt, was sie harmonisch in die Landschaft einbettet. So wie dieses hier, was direkt am Ortseingang von Gjógv zu finden ist:
Moody, oder?
3. Der Hausberg
Eine bessere Bezeichnung ist mir nicht eingefallen, für den Berg, der oberhalb unseres Gästehauses in Gjógv liegt.
Ein Rundweg macht ihn problemlos begehbar, am steilsten Aufstieg ist er mit Holztreppen ausgestattet. Am Eingang ist ein Tor und eine Gebühr von 50 DKK (ca. 7 EUR) wird fällig. Man kann Münzen in den »Briefkasten« werfen oder die IBAN abfotografieren, die an einem Zettel klebt, um die Gebühr zu überweisen. Vertrauenskasse. Jeden Abend tapst ein älterer Herr den Berg hinauf und holt die Tageseinnahmen in einem kleinen Beutel ab. Niedlich.
Der Spot eignet sich besonders gut zum Sonnenaufgang, wenn der Himmel über der Nachbarinsel Kalsoy in herrlichen Rottönen funkelt.
Doch heute bin ich allein hier. Pino liegt leider im Bett, mit Fieber. Um die Zeit zu überbrücken, fliege ich ein wenig mit meiner Drohne dem Sonnenaufgang entgegen.
Aus Solidarität poste ich kein finales Foto.
Weitere Fotospots in der Nähe
In der näheren Umgebung von Gjógv gibt es zahlreiche weitere Fotospots, die ich in den nachfolgenden Blogbeiträgen vorstellen werde, z.B:
- Fossá: den größten Wasserfall
- Slættaratindur: den höchsten Berg der Färöer
- Hvíthamar: mit einer unglaublich schönen Aussicht
- Eiði und das Fußballfeld am Atlantik
- Saksun mit dem historischen Königsbauernhof
Fazit
Ich hoffe ich konnte dich ein wenig mitnehmen und dir das Gefühl dieses wunderbaren Ortes vermitteln. Hier gehts zum dritten Teil über die Färöer Inseln.
Wir lesen uns!
8 Kommentare
Hi Thomas, vielen Dank für deinen Beitrag. Es ist mal wieder ein Genuss!
Hallo Stefan,
danke Dir, sehr nett. Du bist also Wiederholungstäter und liest fleißig mit 🙂
Ich kann mich wie immer nicht kurzfassen, darum folgen noch mindestens zwei weitere Teile über die Färöer Inseln. Es ist der Versuch eine solche Reise in mehrere Themenblöcke zu trennen, statt wie bisher, in einem Monolog am Stück auszuholen.
Macht sich auch besser im Google-Index :-p
Freut mich dass du dabei bleibst.
Gruß
Thomas
Ja Thomas, das ist eine super Idee! Ich bleibe gespannt, was das als Nächstes kommt. Grüße aus Dresden
Toller Bericht freu mich auf Teil drei
Also ich finde Gjogv ist alles alles andere als ein Geheimtipp. Als wir dort waren, waren die Parkplätze voll und an dem Gasthaus war auch jede Menge los. Auf der ganzen Färöerreise würde ich sagen waren dort verhältnissmäßig mit Abstand am meisten Touristen.
Okay schade. Der (Massen)Tourismus findet überall seinen Weg 🙁
Bei uns hingegen war Gjogv noch ein Ort mit himmlischer Ruhe, an den ich mich gern zurückerinnere.
Hallo, danke für diese wunderbaren Erinnerungen. Wir waren damals (2016) zwar nicht alleine in Gjógv, aber wir haben dann doch ein ruhiges Fleckchen bei den Klippen gefunden und dort einen Einheimischen (einen von den 39) kennengelernt… er hat uns dann auch in sein Haus eingeladen (gleich oberhalb der Schlucht)… ein so zauberhafter Ort, …. irgendwann kommen wir wieder!
Hallo Martina,
das freut mich sehr 🙂 Die Rückkehr ist für uns auch beschlossene Sache. Bis heute denke ich dran zurück wie schön es dort war.
Einheimische haben wir leider nicht kennengelernt, dafür sehr viele Schafe :-p