Ein eigenes Baumhaus; davon träume ich schon lange. Erst recht seit auf DMAX die Baumhaus-Profis ausgestrahlt werden. Wer es nicht kennt, unbedingt anschauen. Pete Nelson baut großartige Baumhäuser. Leider fehlt mir dazu das passende Grundstück.
Baumhäuser sind aber tolle Fotomotive. Eingebettet in die Natur, erzeugen sie eine romantische, teils mystische Stimmung. Besonders bei Nacht. Um eine solche Aufnahme geht es in diesem Blogbeitrag. Nachfolgend zeige ich das Making-of meines Fotos von Baumhaus bei Vollmond in Tirol.
Die Vorbereitung
Wie immer gilt: eine gute Vorbereitung fürs Fotografieren ist wichtig. Das Baumhaus habe ich bereits zwei Tage zuvor entdeckt. Es steht in Kirchplatzl, einem Gemeindeteil von Leutasch in Tirol (Österreich).
Streng genommen ist es gar kein Baumhaus, sondern nur eine auf Baumstämmen gelagerte Holzhütte. Gebaut wurde es für die Kinder des Ortes, in unmittelbarer Nähe zum Spielplatz und dem angrenzenden Kindergarten. Es ist frei begehbar. Ich analysierte es von allen Seiten und beobachtete den Stand der Sonne.
Hübsch anzusehen, aber nicht mein Zielfoto. Ich wollte eine Nachtaufnahme erstellen und spekulierte mit der Abgeschiedenheit des Ortes. Keine Lichtverschmutzung, nur Berge, Wald und ein Baumhaus als Objekt im Vordergrund. Das schien mit ideal für eine Nachtaufnahme, kombiniert mit der Milchstraße am Himmel. Der Blick auf den Mondkalender der PhotoPills-App brachte aber sofort die Ernüchterung.
Vollmond. Er überstrahlt die Milchstraße und die Astrofotografie kann ich in dieser Form mal wieder vergessen. Aber der Vollmond ist auch eine Chance, um das Baumhaus in eine außergewöhnliche Kulisse zu bannen. Doch wo und wann ist der Mond zu sehen?
Den Vollmond orten
Bei diesen Fragen unterstützt mich die PhotoPills-App. Mit Hilfe einer augmentierten Kameraansicht lässt sich der Stand des Mondes im Smartphone-Display einblenden.
Nachdem der Standort des Mondes in seiner Umlaufbahn bestimmt war, suchte ich den optimalen Kamerastandort aus. Ich wollte den Vollmond auf der linken Seite vom Baumhaus positionieren. Denn rechts wäre der Spielplatz störend im Blickfeld. Auf der Rückseite des Baumhauses war nur ein Hasenkäfig. Nachts wenig spektakulär, der Hase hat seinen Schlaf verdient.
Unter diesen Voraussetzungen war demnach 23 Uhr der ideale Standort des Mondes erreicht. Sehr gut. Das ist eine humane Uhrzeit, um am nächsten Morgen mit möglichst wenig Schlafmangel, gesegnet aufzuwachen.
Baumhaus bei Vollmond fotografieren
Die Nacht bricht herein. Es ist 22:30 Uhr und ziemlich düster, trotz Vollmond. Ich positioniere mein Stativ und mache eine erste Testaufnahme. 25 Sekunden Belichtungszeit.
Zu dunkel. Hmm. Wie aber bekomme ich mehr Licht in den dunklen Wald? Es gibt drei Möglichkeiten:
- Die Belichtungszeit erhöhen. Problem:
Alledie meisten Digitalkameras können automatisiert nur maximal 30 Sekunden belichten. Längere Belichtungszeiten erreicht man nur im manuellen Bulb-Modus der Kamera. Manuell ist hier so zu verstehen, dass man den Auslöser der Kamera solange gedrückt halten muss, wie man eben belichten möchte. Um dabei die Kamera nicht zu verwackeln, setzt man Fernauslöser ein. Es gibt sie mit und ohne Kabel. - Die Blende weiter öffnen. Aktuell hatte ich Blende 8 eingestellt. Um das Bild doppelt so hell zu bekomme, müsste ich die Blende auf 5.6 öffnen. Eine weitere Verdoppelung des Lichteinfalls bringt Blende 4, danach Blende 2.8. Dabei verliert man jedoch an Schärfentiefen und die Abbildungsleistung des Objektivs nimmt ab.
- ISO erhöhen. Bei Nachtaufnahmen sollte man mit der niedrigsten native ISO-Zahl der Kamera arbeiten. In meinem Fall ISO 100. Gerade bei Langzeitbelichtungen würden höhere ISO-Werte gnadenlos zu einem verstärkten Bildrauschen führen.
Für welche Option habe ich mich entschieden? Nun ja. Die Belichtungszeit konnte ich nicht erhöhen, weil ich den Fernauslöser in meinem Rucksack nicht finden konnte. Die Blende weiter öffnen wollte ich nicht. Es sollte sowohl der Mond, als auch der Wald und natürlich das Baumhaus im Vordergrund in optimaler Schärfe dargestellt werden. Es bliebt mir also nur die Option am ISO-Wert zu schrauben. Ich erhöhe also von ISO 100 auf 200 und hatte damit ein doppelt so helles Bild.
Das Baumhaus ist mein Hauptmotiv. Ich wollte es besonders betonen. Der Mond beleuchtet es aber nur von hinten. Wie aber bekomme ich von vorne mehr Licht auf das Baumhaus? Ganz einfach: Ich schnappte mir mein Petzl Tikkina Stirnlampe, löste die Kamera aus, lief zum Baumhaus und beleuchtete es mit kreisenden Bewegungen.
Schon besser. Aber trotzdem zu dunkel und irgendwie langweilig. Das Licht auf dem Baumhaus wirkt unnatürlich. Besser wäre eine natürliche Beleuchtung von innen. Doch im Baumhaus gab es weder Strom, noch Licht. Ich entschloss mich die Stirnlampe einfach auf den Fußboden im Baumhaus zu legen. Damit sollte das Licht möglichst breit gestreut werden und von innen, möglichst natürlich durch die Fenster scheinen. Um auch das Seitenfenster ins Bild zu bringen, habe ich den Kamerastandort etwas nach links verlagert. An dieser Stelle macht sich das Walimex Pro 14mm Ultraweitwinkelobjektiv bezahlt, denn der Abstand zwischen Mond und Baumhaus war beachtlich weit.
Eins störte mich aber nach wie vor. ISO 200. Reine Faulheit bzw. fehlende Vorbereitung? Nein. Jetzt kramte ich im Rucksack und fand tatsächlich meinen Kabelfernauslöser. Auf dem Fernauslöser kann man eine beliebige Auslösezeit einstellen, was extrem praktisch und nützlich ist. Klare Kaufempfehlung, zumal das Teil nur ein paar Euro kostet. Kurzer Hand wurde die Kamera in den Bulb-Modus geschaltet und die Belichtungszeit auf 99 Sekunden erhöht. Neuer Versuch, neues Foto.
Mit diesem Ausgangsbild war ich zufrieden. Es war zwar insgesamt noch zu dunkel, aber im RAW-Modus der Kamera hat man in der Bildbearbeitung genügend Reserven zum Aufhellen. Eine längere Belichtungszeit zum Ausfressen der Lichter im Baumhaus geführt. Außerdem wäre der „Sonnenstern“ des Mondes noch größer geworden, was die Nachtstimmung dann vollkommen ruiniert hätte.
Klar: man könnte mit Belichtungsreihen arbeiten, mehrere Aufnahmen machen und diese am Rechner zu einem HDR-Bild zusammenführen. Ich bin aber faul und vertraue lieber auf den hohen Dynamikumfang meiner Nikon D800.
Die Bildbearbeitung
Die Bildbearbeitung gibt dem Bild den letzten Schliff. Wie so oft reicht dafür die Bildentwicklung der RAW-Datei in Adobe Lightroom aus. Die Grundeinstellungen erschaffen den Bildlook und sind in zwei bis drei Minuten gesetzt. Anschließend noch etwas Vignettierung und nachschärfen. Fertig ist das finale Bild.
Vorher-Nachher-Vergleich
Kleine Regler, große Wirkung. Mit ein wenig Planung und dem passenden Ort sind derartige Aufnahmen leicht nachzumachen.
Hier nochmal das finale Bild in höhere Auflösung zum Draufklicken:
Was hätte man besser machen können?
Klar, hinterher ist man immer schlauer. Wenn ich das Bild jetzt betrachte, stört mich der massive Sonnenstern des Mondes. Ein Vollmond ist in der Realität natürlich kreisrund. Er leuchtet schwächer und man erkennt teilweise auch die Mondstrukturen und Schatten.
Die bessere Option wäre also doch drei Bilder zu schießen. Alle mit unterschiedlichen Belichtungszeiten, die man in Photoshop zu einer Aufnahme zusammenführt.
- Aufnahme: Den Mond korrekt (kreisrund) belichten. Hier muss man experimentieren. Vermutlich hätten zwei bis drei Sekunden Belichtungszeit ausgereicht. Eine Aufnahme mit geöffneter Blende (f2.8) hätte den „Sonnenstern“ vermieden. Die Strahlen am Mond entstehen durch die Lamellenblende im inneren des Objektivs. Je weiter die Blende geöffnet ist, desto schwächer ist dieser Effekt.
- Aufnahme: Den Wald mit 200 Sekunden Belichtungszeit aufnahmen. Dies hätte zu mehr Struktur geführt und die starke Aufhellung um 2 Blendenstufen in Lightroom wäre nicht notwendig gewesen.
- Aufnahme: Das Baumhaus. Da war ich mit den rund 100 Sekunden Belichtungszeit schon ganz gut aufgestellt.
Was hättet ihr anders oder besser gemacht?
2 Kommentare
Bei „frontal“ einfallendem Vollmond reicht für die Belichtung des Mondes 1/100 – 1/180 Sek. aus, damit noch die „Schatten“ der Krater zu erahnen sind.
Ich finde das Bild so wie es ist schon extrem gut und die ganze Arbeit, die Du Dir damit gemacht hast ist echt bewundernswert, wenn man bedenkt, dass Du mit Familie unterwegs bist (und Gürteltier!). Bei uns ist immer Stoffelch „Knut“ dabei, der auf diversen Trips bereits eine sehr akzentuierte Persönlichkeit entwickelt hat. Mach weiter so, das sind wirklich tolle Beiträge, die nicht nur informativ, sondern auch kurzweilig und unterhaltsam geschrieben sind.
Liebe Grüße
Daniel
Hi Daniel!
Putzig, den Beitrag habe ich selbst fast vergessen. Er war einer der ersten auf diesem Blog, im Jahr 2016 🙂
Mit der Belichtungszeit vom Mond hast du vollkommen recht, hier wären zwei getrennte Aufnahmen (kurz für den Mond, lang für den Vordergrund) nötig gewesen.
Aber bekanntlich ist ein Stoffelch auch kein Gürteltier, der Ansatz aber identisch 🙂
Vielen Dank für dein Feedback zu diesem Beitrag und meinem Blog. Schön dich als Leser zu haben.
Gruß
Thomas