Die Alpen zu Fuß zu überqueren ist ein unvergessliches Abenteuer – vor allem auf dem E5 von Oberstdorf nach Meran. In diesem Beitrag findest du praktische Tipps zur Planung deiner Tour, zur An- und Abreise, Etappenwahl und Vorbereitung. Perfekt, wenn du selbst mit dem Gedanken spielst, auf dem Fernwanderweg E5 die Alpen zu überqueren.
Wie es dazu kam
»Hi! Wie geht’s?«, ruft jemand zu mir herüber. Nichtsahnend drehe ich mich um. »Robert?! Was machst du denn hier?« Vor mir steht ein alter Schulfreund. Dass wir uns nach 25 Jahren in einem Fitnessstudio wiedersehen, ist ein irrer Zufall. Wir kommen ins Gespräch. Es fühlt sich alles an wie früher. Wir tauschen unsere Telefonnummern aus.
Ein paar Wochen später treffen wir uns erneut und beschließen, ein kleines Abenteuer in den Bergen zu planen. Die Zugspitze besteigen? Die Alpen zu Fuß überqueren? Letzteres ist meine Wahl. Aus einem fernen Wunsch wird schnell ein konkretes Ziel. In den folgenden Tagen stimmen wir mögliche Routen ab. Dann geht alles ganz schnell: Anfang Januar hat Robert bereits die komplette Tour geplant und sämtliche Hütten und Ferienwohnungen für uns reserviert. Ich muss diesmal nichts machen, nur mitkommen – wie bei Polster & Pohl.
Warum der E5?
Der europäische Fernwanderweg E5 verläuft von der französischen Atlantikküste bis nach Verona. Die beliebteste Etappe ist jedoch die Alpenüberquerung von Oberstdorf nach Meran. Auf rund 6 Wandertagen durchquerst du drei Länder: Deutschland, Österreich und Italien. Ein echtes Highlight für Bergfans und Fernwanderer. Das wollen wir uns nicht entgehen lassen!
Anreise und Rückreise
Anreise nach Oberstdorf
Wir haben uns bewusst für die Anreise mit dem Zug entschieden. Günstig, bequem und nachhaltig. Mit nur einem Umstieg waren wir in knapp 6 Stunden in Oberstdorf. Tipp: Wer früh bucht, bekommt mit der (Probe) BahnCard 25 günstige Tickets. Wir haben von Halle (Saale) nach Oberstdorf nur 45 € bezahlt.
Da so gut wie alle Hotels und Ferienwohnungen in Oberstdorf ausgebucht waren (Freitag) und wir nicht zu massiven Wucherpreisen übernachten wollten, haben wir uns für ein kleines Landgasthaus im Vorort Langenwang (Schwab) entschieden. Es liegt exakt 25 Meter Luftlinie vom Bahnsteig entfernt. Vom Balkon aus können wir den Zug einfahren sehen. Es ist die letzte Haltestelle vor Oberstdorf, die Fahrt dahin dauert nur 8min.
Alternativ kannst du auch mit dem Auto anreisen, musst dann jedoch (teuer) eine Woche in Oberstdorf parken. Viel schlimmer ist: Am Ende der Tour musst du von Meran irgendwie zum Auto nach Oberstdorf zurückkommen. Das ist furchtbar lang und umständlich.
Rückreise von Meran
Zug oder Fernbus? Beides geht. Der „E5-Rückreisebus“ (prenner.it) bringt dich für 49 € ohne Umstieg in 5-6 Stunden zurück nach Oberstdorf. Mit dem Zug bist du locker 8 Stunden unterwegs. Die Verbindung ist eher suboptimal.
Wir haben uns daher für die direkte Heimreise mit dem Zug ab Meran nach Halle (Saale) entschieden. Etwa 9 Stunden, mit drei Umstiegen, für insgesamt nur 40 €.
Etappenübersicht E5: Unsere 6 Wandertage
Wir haben für die Tour 8 Tage eingeplant: 6 Wandertage + An- und Abreise. Die Etappen können je nach Kondition angepasst werden.
Tag 1: Oberstdorf – Holzgau (via Kemptner Hütte)
- Distanz: 16,6 km
- Gehzeit: ca. 6,5 h
- Höhenmeter: ↑ 1.268 m ↓ 1.170 m
Die erste Etappe führt uns vom Bahnhof Oberstdorf zunächst mit dem Bus (Bergsteigerlinie) für 4 € bis zur Endhaltestelle in Spielmannsau. Hier startet unsere Alpenüberquerung. Es geht zu Fuß bis zur Kemptner Hütte, wo wir zum Mittag kurz einkehren. Viele Alpenüberquerer machen hier die erste Hüttenübernachtung. Uns ist die Strecke aber zu kurz. Wir wandern direkt weiter und passieren nach einem kurzen Aufstieg zum Mädelejoch auf 1.974m die Grenze zu Österreich. Nach einem schönen Abstieg durchs Höhenbachtal und Zwischenstopp am Rossgumpen Wasserfall erreichen wir das Örtchen Holzgau auf 1.100m. Dort übernachten wir im Gästehaus Huber.
Tag 2: Holzgau – Memminger Hütte
- Distanz: 14,4 km
- Gehzeit: 4,5 h
- Höhenmeter: ↑ 1.443 m ↓ 277 m
Wir steigen in den Bus und fahren wenige Minuten bis ins Nachbardorf Bach. So sparen wir den 4 km öden Fußweg entlang der Landstraße. Ab Bach wandern wir 1,5 Stunden bis zur Materialseilbahn, die unsere schweren Rucksäcke hinauf zur Memminger Hütte befördert. Nach ca. drei Stunden Aufstieg erreichen wir die Memminger Hütte, wo wir übernachten. Zum Sonnenuntergang wandern wir hinauf zum Seekogel (2.242 m) und lassen den Abend auf der Hütte dann gemütlich ausklingen.
Tag 3: Memminger Hütte – Zams
- Distanz: 14,6 km
- Gehzeit: 5,5 h
- Höhenmeter: ↑ 718 m ↓ 2.180 m
Von der Memminger Hütte geht es vorbei am Seewiessee rauf auf die Seescharte (2.599m). Mit atemberaubenden Blicken auf das Lochbachtal geht es auf einem schier endlosen Abstieg durch die unberührte und wildromantische Natur bis nach Zams im Inntal. Wir übernachten im Nachbarort Imst, in einer Ferienwohnung und nutzen die Chance, unsere Wäsche zu waschen und im Supermarkt unsere Vorräte aufzufüllen.
Tag 4: Mittelberg – Braunschweiger Hütte
- Distanz: 5,3 km
- Gehzeit: 2,5 h
- Höhenmeter: ↑ 1.070 m ↓ 59 m
Da die Venetbahn aufgrund von Bauarbeiten geschlossen ist, überspringen wir diese Etappe und fahren mit dem Bus weiter nach Mittelberg. Von dort laufen wir zur Materialseilbahn, die unsere Rucksäcke hinauf zur Braunschweiger Hütte auf 2.760 m transportiert. Es wird damit ein sehr entspannter Tag. Wir wandern gemütlich hinauf zur Braunschweiger Hütte, bewundern den vor uns liegenden Gletscher und genießen den Sonnenuntergang.
Tag 5: Braunschweiger Hütte – Martin-Busch-Hütte
- Distanz: 21,6 km
- Gehzeit: 7 h
- Höhenmeter: ↑ 1.230 m ↓ 1.480 m
Ein straffer Aufstieg zum Pitztaler Jöchl (2.995 m) eröffnet die Tour, dann geht es steil bergab über Schneefelder ins Skigebiet Sölden, am Rettenbachjoch. Nach einer 2,5 km langen Busfahrt durch den Rosi-Mittermaier-Tunnel (für Fußgänger gesperrt) geht die Wanderung weiter ins Tal, bis ins Bergsteigerdorf Vent. Die Wanderung fühlt sich endlos lang an. Eine kurze Rast und Einkehr in Vent musste dringend sein. Dann treten wir die letzten zwei Stunden auf unserer Tour zur Martin-Busch-Hütte an.
Tag 6: Martin-Busch-Hütte – Vernagt
- Distanz: 10,2 km
- Gehzeit: 4,5 h
- Höhenmeter: ↑ 563 m ↓ 1.220 m
Die letzte Etappe führt uns von der Martin-Busch-Hütte hinauf zur Similaunhütte auf 3.019 m. Hier passieren wir die Grenze nach Italien. Auf einem schroffen Abstieg haben wir stets das Ziel vor Augen, den Stausee in Vernagt, der wie ein grüner Smaragd in der Landschaft schimmert. Hier endet unsere Alpenüberquerung. Mit dem Bus geht es weiter bis nach Meran, wo wir in der Innenstadt eine Ferienwohnung gebucht haben.
Körperliche Vorbereitung
Wir haben uns gefragt: Wie fit muss man für den E5 sein?
Die ZDF-Doku „Im Rausch der Höhe – Zu Fuß über die Alpen“ hat uns doch ein wenig eingeschüchtert. Die Etappen sahen sehr anstrengend aus. Noch dazu lag so viel Schnee; und das im Sommer? Wir haben vorsorglich sogar Gamaschen bestellt und über Grödel (Spikes) an den Wanderschuhen nachgedacht.
Nach der Tour können wir nun sagen: Mit einer guten Grundkondition ist die Alpenüberquerung auf dem E5 absolut machbar! Regelmäßiger Sport, Wandererfahrung und ein Testlauf sind trotzdem empfehlenswert.
Als Vorbereitung auf die E5-Tour haben wir uns zu einer längeren Wanderung im Harz getroffen. Das Mittelgebirge ist zwar kein Vergleich zu den Alpen, doch zumindest haben wir uns für den „schwierigsten“ Aufstieg zum höchsten Berg Norddeutschlands entschieden. Auf dem Heinrich-Heine-Weg legt man rund 900 Höhenmeter bis zum Brocken zurück. Für die rund 21 km (Auf- und Abstieg) haben wir 6,5 Stunden benötigt. Es war eine gute Gelegenheit, uns als Wanderteam einzuspielen und vor allem unsere neuen Wanderschuhe einlaufen zu können.
Fazit & Tipps für deine Tour
Die Alpenüberquerung auf dem E5 ist ein echtes Erlebnis, aber kein Hexenwerk. Du kannst sie individuell planen oder als geführte Tour buchen. Wir haben entlang der Strecke vier Gruppen mit bis zu 15 Personen getroffen, die diese Tour mit der Alpinschule Oberstdorf durchgeführt haben. Auf den Hütten sind wir oft ins Gespräch gekommen. Alles schien sehr gut organisiert gewesen zu sein.
Abschließende Tipps:
- Buche alle Hütten und Unterkünfte frühzeitig!
- Packe leicht, aber funktional (hier findest du meine Packliste).
- Tritt dem Deutschen Alpenvereins (DAV) bei. So bist du auf der Tour versichert (Stichwort Bergrettung) und unterstützt den Erhalt der Wanderwege und Hütten. Zudem bekommst du Vergünstigungen bei den Übernachtungen. Wir haben in Summe 40 € Ersparnis auf den Hütten gehabt, was einen Teil der Jahresmitgliedschaft (75 €, die Preise variieren je nach Sektion) refinanziert hat.
- Genieße jede Etappe – der Weg ist das Ziel 🙂
Ich wünsche dir ganz viel Spaß und tolle Erlebnisse bei deiner Alpenüberquerung. Auf meinem Blog erscheinen in Kürze die ausführlichen Reiseberichte zu jeder Etappe auf unserer E5-Tour. Schau gern wieder vorbei!
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